Für uns ist es fast das Schönste am Reisen: Orte, die uns verzaubern, von denen wir es gar nicht erwartet hätten. So ein Ort ist Oamaru.
Es ist nicht so, dass wir dieses kleine Städtchen gar nicht auf dem Schirm hatten. Nein, wir haben es sogar ganz bewusst angesteuert – und zwar wegen der Zwergpinguinkolonie, die sich hier in einem alten Steinbruch niedergelassen hat. Von zwei überdachten Tribünen kann man aus sicherer Entfernung beobachten, wie allabendlich kurz vor Sonnenuntergang unzählige kleine Pinguine (in der Hochsaison von November bis Dezember sind es bis zu 180!) in Grüppchen aus dem Meer von ihren Tauchgängen zurückkehren und geschickt über die Felsen zum Unterschlupf watscheln. Da werden selbst Männerherzen weich! Das niedliche Schauspiel kostet rund 20 € Eintritt pro Person, die wiederum in den Schutz der Tiere investiert werden. Fotografieren ist strengstens verboten, um die Pinguine nicht zu stören. Und auch sonst waren die Angestellten des Besucherzentrums bei unserem Besuch sehr darauf bedacht, das Publikum auf den Tribünen ruhig zu halten, damit die kleinen Kerlchen ihren Landgang in Ruhe hinter sich bringen konnten. Das hat uns gut gefallen!
Damit die Pinguine nicht von unseren knurrenden Mägen abgelenkt werden, haben wir am frühen Abend kurz das Stadtzentrum Oamarus für ein schnelles Abendessen angesteuert. Und dann ist es ganz plötzlich passiert: der kleine Ort hat uns mit seinem Charme völlig in seinen Bann gezogen! Es dämmerte bereits und wir hatten nicht viel Zeit, mehr als eine hektische Streiffahrt auf der Suche nach einem passenden Restaurant war nicht drin – wir wollten ja die Pinguine nicht verpassen. Aber eines stand schnell fest: diese hübschen Straßen wollten wir uns unbedingt nochmal bei Tageslicht anschauen!
Also machten wir am nächsten Morgen nochmal Halt im Stadtzentrum. Laut unserem „Lonely Planet“-Reiseführer gilt Oamaru als coolste Stadt Neuseelands und das können wir definitiv so unterschreiben.
An der Thames Street stehen noch viele imposante Gebäude aus dem 19. Jahrhundert, besonders das Waitaki District Council und die Church of St. Lukes Anglican sind einen genaueren Blick wert (und liegen praktischerweise nur wenige Meter voneinander entfernt). Richtig begeistert hat uns aber vor allem das Victorian Precinct-Viertel um die Harbour Street. Auch hier gibt es unzählige viktorianische Gebäude, in denen heute hippe Cafés, außergewöhnliche Läden und bunt gemischte Galerien untergebracht sind. Das Flair dieser Gegend ist nur schwer in Worte zu fassen.
Verrückt (ausschließlich im positiven Sinne!) trifft es wohl am ehesten. Wir sind aus dem Staunen gar nicht mehr heraus gekommen und hätten ewig hier entlang schlendern können, so viele spannende Dinge gab es zu entdecken. Wer noch auf der Suche nach einem Neuseeland-Mitbringsel abseits der Standardprodukte ist, wird hier mit Sicherheit fündig.
Steampunk Capital of the World
Direkt unten am Hafen, am Ende der Wansbeck Street, gibt es übrigens auch noch einen ziemlich coolen Spielplatz, den ihr euch nicht entgehen lassen solltet. Denn der Friendly Bay Playground lässt unter Garantie nicht nur Kinderherzen höher schlagen. Und auch hier macht Oamaru seinem Namen als „Steampunk Capital of the World“ alle Ehre: alle Spielgeräte sind im unverkennbaren industriell-alternativ-futuristischen Stil (gar nicht so einfach, Steampunk in Worten zu erklären) gehalten. Die witzige Schaukel hält locker auch Erwachsene aus – haben wir ausgiebig getestet. Wenn ihr euch genau umschaut, werdet ihr in der Gegend an der Waterfront immer wieder kleine Kunstobjekte aus alten Maschinenteilen entdecken. Wir sagen es gern nochmal: Einfach verrückt, diese kleine Stadt!
Was bei eurem Oamaru-Aufenthalt ebenfalls auf keinen Fall fehlen sollte, ist ein Besuch des Steampunk Headquarters in der Itchen Street. Ob ihr mit Steampunk per se etwas anfangen könnt, ist dabei egal: dieses kleine Museum ist ein Muss! Der Eintritt ist zwar mit 10 NZ$ kein Schnäppchen, aber dafür bekommt ihr auch einiges geboten und könnt für eine kurze Zeit in eine faszinierende, eigenartige Welt abtauchen. Die Exponate sind ebenso wie die Geschichten dahinter absolut irre und das „Portal“ versetzt euch mit einer wilden Mischung aus Spiegeln, Licht und sphärischen Klängen in eine andere Dimension. Unbedingt ausprobieren! Für die Musikfans unter euch steht außerdem eine alte Orgel bereit, auf der ihr mit verschiedenen abgefahrenen Sounds euer eigenes Musikstück komponieren könnt. Musikalisches Talent ist dafür nicht erforderlich, es klingt es alles absolut wirr. Also traut euch!
Die beiden kleinen Ausstellungsräume im Inneren des Gebäudes werden durch eine Art Museumsgarten ergänzt, der besonders durch einen riesigen Holland-Chopper, einen umgebauten Zugwaggon und eine Rakete dominiert wird. Alles kann beklettert und bestiegen werden. Für eine ausführliche Besichtigung solltet ihr ungefähr eine Stunde einplanen. Vergesst auf keinen Fall eure Kamera, denn das Steampunk HQ ist ein wahres Fotoparadies. Wir haben unzählige Bilder geschossen! Für 2 NZ$ kann man die alte Dampflok vor dem Museum zum Leben erwecken: sie dampft, zischt und tutet dann für ungefähr 2 Minuten. Ist ganz nett anzusehen, beim nächsten Mal würden wir das Geld aber lieber in einen Kaffee investieren.
Moeraki Boulders
Von Oamaru ist es übrigens gar nicht weit bis zu den berühmten Moeraki Boulders, die wir euch für einen kurzen Zwischenstopp sehr ans Herz legen können. Der Koekohe Beach mit den eigenartigen Steinformationen erweckt den Anschein, als hätten hier ein paar Riesen nach ihrer Murmelpartie schlichtweg nicht aufgeräumt. Die grauen Steinkugeln, bestehend aus einer Mischung von Schlamm, Lehm, Ton sowie Calcit sind bis zu 2 Meter groß und liegen teils in Gruppen, teils einzeln verstreut am Strand herum. Einer alten Maori-Legende nach sind die Boulders Überreste von Flaschenkürbissen, Aalkörben und Süßkartoffeln, die vor vielen, vielen Jahren vom Wrack des legendären „Arai-te-Uru“-Kanus an Land gespült wurden. Klingt schon etwas mystisch, oder? Passt aber auch einfach exzellent zu dieser wundersamen Kulisse.
Wenn ihr bei Google Maps die „Earth“-Ansicht auswählt und ein wenig zoomt, könnt ihr die Moeraki Boulders tatsächlich erkennen.
Von Norden aus kommend zweigt kurz hinter Hampden die Moeraki Boulders Road nach links vom State Highway 1 ab und führt euch zu einem kleinen Parkplatz, von dem aus ihr die Boulders in einem gemütlichen Strandspaziergang nach wenigen hundert Metern erreichen könnt. Wer nicht so weit laufen mag, gelangt auch über das „Moeraki-Boulders“-Café an den Strand. Wenn ihr euch für diesen Weg entscheidet, wäre es aber vermutlich angebracht, auch eine Kleinigkeit im Café zu essen oder zu trinken.
Informiert euch vor eurem Besuch unbedingt über die Gezeiten, denn bei Flut liegt ein Teil der Steinkugeln im Wasser und ist somit nur schwer zugänglich