Battambang gilt als „sticky“: Wenn man einmal dort ist, will man so schnell nicht wieder weg! Als wir nach über 9 Stunden Bootsfahrt endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatten und mit dem Tuk Tuk Richtung Hotel brausten, konnten wir uns noch nicht vorstellen, was genau an dieser 150.000-Einwohner-Stadt so sticky sein soll… Graue Häuserfronten, ein sehr überschaubarer und ziemlich liebloser Night Market, hier und da ein Restaurant eingebettet zwischen bereits geschlossenen Läden. Besonders auffällig: fast menschenleere Gehwege. Waren wir vielleicht in der falschen Ecke unterwegs? Ein richtiges Stadtzentrum, wie wir es in Luang Prabang so geliebt haben, konnten wir nirgendwo ausmachen. Vielleicht lag es aber auch an der bereits einsetzenden Dunkelheit, die die entscheidenden Details verschluckte. Zu schnell urteilen wollten wir nicht. Wir entschieden, Battambang nach einer gehörigen Portion Schlaf am nächsten Tag eine neue Chance zu geben. Vielleicht gab es – in einem anderen Licht betrachtet – ja doch ein paar schöne Ecken.

Vom Dach unseres Hotels sieht die Stadt doch ganz hübsch aus
Jaan Bai Restaurant, ein „Social Enterprise“ der besonderen Art
Vor unserer Nachtruhe brauchten wir aber unbedingt noch etwas zu essen! Weil uns nicht der Sinn nach einem ziellosen Stadtbummel stand, bemühten wir Google und stießen schnell auf das „Jaan Bai“-Restaurant, welches leckere lokale Gerichte in gemütlicher Atmosphäre versprach. Nichts wie hin! Wir hatten Glück und erwischten den letzten freien, nicht reservierten Tisch! Während wir uns die aufgetischten Köstlichkeiten schmecken ließen, taten wir sogar noch etwas Gutes, denn das Restaurant ist Mitglied der „Cambodian Children’s Trust“-Organisation und bietet Jugendlichen aus sozial schwierigen Verhältnissen eine Arbeits- bzw. Ausbildungsstelle. Finden wir richtig gut! Wer schon mal in Asien unterwegs war, weiss vielleicht aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, die ganzen Kinder mit ihren Bauchläden, aus denen Snacks und Souvenirs verkauft werden, links liegen zu lassen. Man würde zu gern helfen. Allerdings hatten wir immer wieder gehört und gelesen, dass man diesen Kindern auf keinen Fall etwas abkaufen solle, denn man würde ihnen damit das Gefühl vermitteln, auch ohne eine Schulausbildung über die Runden kommen zu können. Es empfiehlt sich daher, lieber eine der lokalen Organisationen und Einrichtungen zu unterstützen. Haben wir gern getan und hier war auch das Trinkgeld gut investiert!
Neuer Tag, neues Glück!
Frisch und ausgeschlafen waren wir fest entschlossen, die schönen Seiten an Battambang zu entdecken. Im Tageslicht sah die Stadt plötzlich gleich etwas einladender aus. Mit ein paar Ideen im Kopf suchten wir uns nach einem schnellen Frühstück einen vertrauenswürdigen Tuk Tuk Fahrer, der uns begleiten sollte. Wir erzählten ihm von unseren groben Plänen und gemeinsam strickten wir ein schönes Tagesprogramm zusammen. Na dann – auf ins Abenteuer!
Auf krummen Pfaden mit dem Bamboo Train
Eine Fahrt mit dem Bamboo Train ist DIE Touristenattraktion in Battambang! Kein Wunder also, dass auch wir uns diesen Spaß nicht entgehen lassen wollten. Alte Minenräumfahrzeuge aus dem Bürgerkrieg wurden mit einer Bambusplattform sowie einem einfachen Motor bestückt und haben sich schnell zu Battambangs beliebtestem Verkehrsmittel gemausert. Während noch vor gar nicht allzu langer Zeit vornehmlich Einheimische den Bamboo Train genutzt haben, um mit ihren Waren von A nach B zu gelangen, werden heute hauptsächlich Touristen befördert. Voller Vorfreude haben wir auf den auf der Plattform ausgelegten Kissen Platz genommen. Die rund 15-minütige Fahrt führte uns über krumme Gleise durch grüne Vegetation, mit bis zu 30 km/h waren wir ganz schön schnell unterwegs. Der Endpunkt war ein kleines Dorf, das nicht viel mehr ist als eine Ansammlung von bunt gemischten Verkaufsständen. Typischer Touristennepp. Hat uns gar nicht gefallen, aber zu unserer Erleichterung ging es schon nach 10 Minuten auf gleicher Strecke wieder zurück zum Ausgangspunkt.
Richtig spannend wird es übrigens bei Gegenverkehr, die Gleisstrecke ist nämlich nur einspurig. Die Lösung ist simpel: der weniger beladene Wagen wird kurzerhand vom Gleis genommen, damit der Gegenverkehr passieren kann. Irgendwie war das Glück uns hold, wir mussten kein einziges Mal absteigen. Mag vielleicht auch daran gelegen haben, dass vor und hinter uns einige weitere Wagen gefahren sind. In Summe waren wir Fahrgäste im Konvoi dann wohl in der Überzahl.
Die Fahrt mit dem Bamboo Train ist wirklich ein einmaliges Erlebnis! Gerüchten zufolge gibt es Überlegungen, die Bahnstrecke bald komplett zu schließen. Das wäre echt schade! Wir sind auf jeden Fall froh, dass wir noch in den Genuss dieses Fahrspaßes gekommen sind.
Weil wir noch nicht genug von Tempeln haben: Wat Ek Phnom
Nach zwei Tagen „Tempelpause“ hatten wir wieder richtig Lust auf weitere, majestätische Bauwerke. Ein Besuch des etwas außerhalb gelegenen Wat Ek Phnom sollte daher unser zweiter Tagesprogrammpunkt werden. Der Tempel aus dem 11. Jahrhundert ist heute zwar schon ziemlich verfallen, aber dennoch haben wir viele schöne Details entdecken können wie zum Beispiel die Reliefs in den Türmen auf der obersten Plattform. Für kleines Geld wiesen Einheimische uns den sichersten Weg hinauf. Wir waren die einzigen Touristen vor Ort und konnten alles ganz in Ruhe erkunden. Natürlich kann der Wat Ek Phnom nicht mit den atemberaubenden Angkor Tempeln mithalten. Aber weil wir das auch gar nicht erwartet haben, wurden wir nicht enttäuscht.
Direkt nebenan gibt es übrigens einen deutlich moderneren Tempel, der ebenfalls den Namen Wat Ek Phnom trägt. Bei unserem Besuch war er verschlossen, so dass wir ihn nur von außen anschauen konnten. Vermutlich haben wir nicht allzu viel verpasst.
Auf dem Rückweg nach Battambang stoppte unser Fahrer noch an einem der unzähligen Reisfelder und erklärte uns allerhand Wissenswertes über den Reisanbau in Kambodscha.
Ein kurzer Stadtbummel durch Battambang
Über die Mittagszeit hatten wir zweieinhalb Stunden Zeit, Battambang zu Fuß zu erkunden, bevor wir zu unserem nächsten Programmpunkt aufbrechen sollten. Vom Tuk Tuk aus hatten wir bereits erkannt, dass die Uferpromenade östlich des Flusses ganz vielversprechend aussah. Also steuerten wir diese als erstes an. Neben einem kleinen Aussichtsturm gibt es hier einen witzigen Trimm-Dich-Pfad mit vielen bunten Geräten, die wir natürlich alle testen mussten. Gemütlich schlenderten wir am Flussufer entlang bis zur nächsten Brücke, die uns wieder zurück ins vermeintliche Zentrum der Stadt brachte. Dem architektonisch auffälligen, aber nicht unbedingt interessanten Zentralmarkt statteten wir nur einen kurzen Besuch ab und entschieden uns lieber für ein entspanntes Mittagessen. Mehr durch Zufall stolperten wir ins „Nary Kitchen“ und ein Blick auf die gemütliche Terrasse hatte uns sofort überzeugt! Wir ließen uns eine köstliche Suppe und einen erfrischenden Mango-Salat schmecken. Herrlich!
Phnom Sampeu: bedrückende Killing Caves, aberwitzige Affen und Millionen Fledermäuse
Frisch gestärkt trafen wir unseren Tuk Tuk Fahrer am verabredeten Platz und machten uns auf zum Phnom Sampeu, auf den wir besonders gespannt waren. Leider wartet der idyllisch gelegene Hügel nicht nur mit einer tollen Aussicht und einer riesigen Fledermaushöhle auf, sondern auch mit einer ziemlich dunkler Vergangenheit: auf halbem Weg nach oben befinden sich einige Killing Caves, in denen Anhänger der Roten Khmer ihre eigenen Landsleute brutal ermordet haben. Auch wenn dies kein schönes Kapitel der kambodschanischen Geschichte ist, fanden wir es dennoch wichtig, uns damit auseinanderzusetzen. Der Aufstieg zur Höhle war ganz schön schweißtreibend. Selbst schuld, wir hätten uns auch von einer Art Motorradtaxi nach oben bringen lassen können. Aber so konnten wir die Aussicht auf das Umland viel besser genießen. Vor Ort ging es direkt ein paar Höhenmeter wieder runter: über eine Treppe stiegen wir vorsichtig in die Haupthöhle hinab. Ein ganz schön beklemmendes Gefühl. Kleidungsreste und ein verglaster Schrein gefüllt mit Knochen und Schädeln erinnern an die zahllosen Menschen, die hier ihr Leben gelassen haben. Eine fast gespenstische Stille lag über der Höhle. Wir waren erleichtert, als wir die Treppe wieder hinauf steigen konnten. Weiter zum Gipfel!
Schon bald begleiteten uns einige freche Affen auf unseren Weg, die die Besitzerin des kleinen Lädchens kurz vor unserem Ziel fast zur Verzweiflung trieben, als sie den Müll aus der Mülltonne großflächig um das Geschäft herum verteilten. Wir fanden es witzig und schossen zahlreiche Fotos. Oben angekommen besichtigten wir im Schnelldurchlauf die kleine Tempelanlage und erfreuten uns an dem herrlichen Ausblick. Viel Zeit hatten wir leider nicht mehr, schließlich hatten wir noch ein Date mit den Fledermäusen – und die warten nicht auf unpünktliche Touristen…
Also traten wir schleunigst den Rückweg an. Komisch, runter ging es irgendwie deutlich schneller als rauf. Lag vielleicht auch an dem anderen Weg, auf dem wir in kürzerer Zeit deutlich mehr Höhenmeter zurück legten – den vielen Treppen sei dank. Unten auf der Straße war es mittlerweile ganz schön rummelig geworden. Hunderte Augenpaare waren voller Spannung auf eine lange Felsspalte gerichtet. Wir gesellten uns dazu und fanden mit viel Glück noch zwei Sitzplätze auf einer kleinen Mauer. Dort warteten wir nun. Und warteten. Und warteten. Und fragten uns, worauf denn eigentlich die Fledermäuse so warteten, es dämmerte doch schon längst. Die müssen doch auch langsam mal Hunger haben? Plötzlich ging es los: ein nicht enden wollender Strom aus Millionen winziger Fledermäuse schoss aus der Höhle hervor und schlängelte sich über unseren Köpfen hinweg Richtung Stadt. Wahnsinn! Eine halbe Stunde beobachten wir gebannt das Schauspiel, dann hatten wir genug. So langsam tat der Nacken weh. Unser Tuk Tuk Fahrer stand uns sofort zur Seite und brachte uns in einer endlosen Kolonne der knatternden Gefährte sicher in die Stadt zurück.
Café HOC, ein weiteres „soziales“ Restaurant
Auf der Suche nach einem netten Restaurant stießen wir nur eine Straße von unserem Hotel entfernt auf ein weiteres „soziales“ Restaurant. Volltreffer! HOC steht für „Hope of Children“, dahinter steckt eine Non-Governmental-Organisation (kurz NGO), die Waisenkinder unterstützt. Serviert werden vornehmlich lokale Gerichte in gemütlichem Ambiente. Da schmeckt das Essen doch gleich doppelt so gut.
Tja, Battambang, da hast du uns wohl doch noch geknackt! Im Vergleich zu Siem Reap haben wir hier nochmal eine ganz andere, vielleicht noch authentischere Seite Kambodschas kennenlernen dürfen und wir haben einen wunderschönen, ereignisreichen Tag verbracht. Aber ganz so „sticky“ bist du dann eben doch nicht, denn wir ziehen weiter. Der Ruf des Meeres wird immer lauter. Wir wollen zur Küste und die kannst du uns leider nicht bieten. Wir empfehlen dich aber gern weiter!