Mit Phnom Penh sind wir irgendwie nicht so richtig warm geworden. Und dabei haben wir es sogar gleich zweimal versucht! Den ersten Zwischenstopp haben wir auf dem Weg von Battambang zur Küste eingelegt und auch kurz vor dem Rückflug nach Deutschland haben wir nochmal einen Tag in Kambodschas Hauptstadt verbracht. Es hat einfach nicht so richtig gefunkt!
Woran es lag? Können wir gar nicht so genau sagen. Vermutlich kam eins zum anderen. In unserer ersten Unterkunft haben wir uns überhaupt gar nicht wohl gefühlt und dank vierbeiniger Mitbewohner in der Zwischendecke eine ziemlich unruhige Nacht verbracht. Bei der zweiten Unterkunft sind wir ein- und direkt wieder ausgezogen – das Zimmer war zwar einladend und sauber, aber auf warmes Wasser aus der Leitung warteten wir vergeblich. Und auf eine heiße Dusche wollten wir vor dem langen Flug dann doch nicht verzichten. Eine Ersatzbleibe, das Frangipani Living Arts Hotel, war in der Millionenstadt zum Glück schnell gefunden.
Deutlich schwieriger hingegen war die Suche nach einem gemütlichen Restaurant. Bisher hatten wir immer ein gutes Händchen – egal ob mit dem „Greens“ in Vang Vieng, dem „Garden of Universe“ in Siem Reap oder dem „Holy Crab“ in Kep. In Phnom Penh beendeten wir unseren ersten Abend nach verzweifelter Suche in einem 08/15-Restaurant am touristischen Sisowath Quay und aßen die langweiligste Pizza unseres Lebens. Auf den geplanten Nachtisch haben wir dann in weiser Voraussicht verzichtet. Vielleicht waren wir einfach nur in der falschen Ecke unterwegs? Wir wissen es nicht.
Was wir aber fast noch mehr vermisst haben als gute Restaurants: den Charme der Stadt. Während wir in anderen asiatischen Städten wie Luang Prabang oder Battambang gern ziellos durch die Straßen bummelten und die Atmosphäre aufsaugten, waren wir in Phnom Penh meist schnellen Schrittes unterwegs – es gab einfach nicht viel zu sehen und auch nur wenige schöne Plätze, die zu einer kleinen Pause einluden. Mit viel Glück entdeckten wir immerhin zwischendurch mal die eine oder andere hübsche Hausfassade. Auch die Gegend rund um den Sisowath Quay – angeblich Phnom Penhs bester Stadtteil – konnte uns rein optisch nur mäßig beeindrucken.
Klingt alles erst einmal ein bisschen negativ. Hätten wir uns Phnom Penh vielleicht lieber sparen sollen? Auf keinen Fall! Für uns gehört ein Hauptstadtbesuch definitiv zum Pflichtprogramm, wenn wir ein neues Land bereisen. Und dabei ist es auch völlig in Ordnung, wenn uns diese Hauptstadt nicht direkt von den Socken haut. Manchmal muss man ein bisschen tiefer graben, um den einen oder anderen verborgenen Schatz zu finden. Und auch Phnom Penh hat sie, diese Schätze: besondere Orte, die einen berühren und einen kurzen Aufenthalt am Ende doch noch lohnenswert machen.
Königspalast und Silberpagode
Der Königspalast ist DAS touristische Highlight in Phnom Penh und damit ein Muss für jeden Reisenden – behauptet zumindest so ziemlich jeder Reiseführer. Kein Wunder also, dass auch wir bei unserem ersten Aufenthalt in der Hauptstadt direkt den Weg zum ummauerten Palastgelände eingeschlagen haben. Beim Eintrittspreis von knapp 10 € pro Person mussten wir zwar erstmal kurz schlucken, haben ihn dann jedoch bereitwillig investiert. Schließlich befand sich direkt vor unserer Nase ein großes Stück Kulturgut, das das Terrorregime der Roten Khmer fast unbeschadet überstanden hat.
Auf dem Palastgelände selbst steht eine hübsche Sammlung imposanter Gebäude, am prominentesten natürlich der im 19. Jahrhundert errichtete Königspalast selbst sowie die Silberpadoge, die ihren Namen tausender silberner Bodenfliesen zu verdanken hat, die heute leider zum Teil von einem Teppich verdeckt sind und auch schon einiges von ihrem Glanz eingebüßt haben. Aber auch der große Tanzpavillon und die unzähligen Stupas sind einen genauen Blick wert.
Einen Fehler haben wir allerdings gemacht: ohne Guide stolperten wir nur mit einem groben Übersichtsplan bewaffnet ziemlich unkoordiniert über das Gelände. Wir hätten gern mehr über die einzelnen Gebäude erfahren als nur ihre Namen. Wann sind sie erbaut worden? Zu welchem Zweck? Welche architektonischen Besonderheiten übersehen wir gerade? Vielleicht hätten wir uns im Vorfeld auch besser informieren können, aber treu-doof hatten wir bei so einem Touristenmagnet natürlich auf ein paar Infotafeln gehofft. Nun hatten wir schon die Hälfte des Geländes besichtigt – um mit einer „Guided Tour“ nochmal von vorn zu starten, dafür fehlte uns leider die Zeit. Beim nächsten Mal sind wir schlauer!
Choeung Ek Killing Fields
Die Killing Fields von Choeung Ek gehören wahrlich nicht zu unseren schönsten Ausflugszielen in Kambodscha! Und dennoch hat sich unser Besuch dort ganz tief ins Gedächtnis eingebrannt. Noch heute sind wir sprachlos, wenn wir zurück denken. Sprachlos darüber, was Menschen einander antun können. Natürlich hatten wir uns vorab mit der Geschichte des Landes, die im üblichen Geschichtsunterricht nur selten Beachtung findet, auseinander gesetzt. Wussten, dass Pol Pot und seine Roten Khmer nach dreieinhalb Jahren Terrorherrschaft über 1,7 Millionen Menschenleben auf dem Gewissen hatten. Wussten, dass viele Opfer gnadenlos gefoltert und anschließend kaltblütig ermordet wurden. Wussten, dass es im ganzen Land unzählige Gedenkstätten gibt, die die Schatten der Vergangenheit zumindest ein Stück weit greifbar machen. Und dennoch haben uns die Killing Fields Choeung Eks eiskalt erwischt.
Wüsste man nicht, was hier vor rund 40 Jahren passiert ist, so wirkt der Ort fast idyllisch: knorrige Bäume spenden Schatten, Schilf ragt aus dem kleinen See im hinteren Teil des Geländes empor. Doch der Schein trügt. Choeung Ek ist ein Massengrab für rund 17.000 Menschen, noch heute werden bei starkem Regen immer wieder Knochenreste an die Oberflächen der Grabkuhlen gespült. Hier und dort hängen Kleidungsfetzen an den Bäumen. In einer großen Pagode direkt hinter dem Eingang sind auf mehreren Etagen über 8.000 Schädel Verstorbener ausgestellt – sortiert nach Alter, Geschlecht und Todesursache. Wir entschieden uns, das Gelände mit einem Audioguide zu erkunden, auf dem neben vielen Hintergrundinformationen zu den Killing Fields auch verschiedene Berichte von Überlebenden abrufbar waren. Bei unserem Rundweg durch den Ort des Schreckens begegnete uns kaum ein Besucher ohne Kopfhörer. Als wir die eigenen kurz absetzten, umgab uns eine fast erdrückende Stille. Wenn überhaupt jemand sprach, dann nur im gedämpften Flüsterton. Wir versuchten zu verarbeiten, was wir da gerade sahen und hörten, aber es wollte uns nicht so recht gelingen.
Als wir nach rund 90 Minuten wieder im Tuk Tuk saßen und Richtung Phnom Penh fuhren, fehlten uns immer noch die Worte. Ein wirklich intensives Erlebnis, das wir unbedingt weiterempfehlen! Gern hätten wir auch noch das Tuol-Sleng-Genozid-Museum besucht, aber das passte leider nicht mehr in unseren straffen Zeitplan.
Russian Market
Eins sucht man auf dem Russian Market vergebens: Flair. In den Gängen ist es dunkel, stickig und eng. Dafür gibt es nahezu alles zu kaufen, was das Herz begehrt (oder auch nicht): Lebensmittel (auch lebende Tiere), Haushaltsgeräte, Eisenwaren, Autozubehör, Kinderspielzeug, Bekleidung, Souvenirs. Und genau wegen Letzterem waren wir dort. Denn der Russian Market, der in den 1980ern besonders bei russischem Publikum beliebt war (daher der Name!), gilt als der „Place to be“, wenn es um Souvenireinkäufe geht. Das Sortiment reicht hier von landestypischem Kunsthandwerk über Schmuck und Seidenschals bis hin zu allerhand Leckereien für Zuhause. Auch ein paar vermeintliche „Markenprodukte“ wie Sonnenbrillen von Calvin Klein oder Shirts von Billabong werden feilgeboten, deren Echtheit man allerdings unbedingt kritisch überprüfen sollte.
Handeln kann man – auch mit wenig Erfahrung – ganz hervorragend! Denn die Verkaufsstände sind zahlreich und das Angebot recht ähnlich. Wenn uns der Preis nicht gepasst hat, sind wir einfach einen Stand weiter gegangen – und nicht selten kam der Verkäufer dann doch noch hinter uns hergelaufen, um unseren letzten Preis zu akzeptieren. Wir dürfen jetzt ein paar hübsche T-Shirts, ein Armband, eine Seidenkrawatte mit passenden Manschettenknöpfen, eine kleine Holzstatue und schön verzierte Essstäbchen unser Eigen nennen (Seidenschals hatten wir schon in Laos eingekauft). Und wir hätten sicherlich noch mehr gekauft, wäre uns da nicht das beschränkte Platzangebot im Reiserucksack in die Quere gekommen…
Local Life am Sisowath Quay
Wie schon geschrieben: besonders schön ist der Sisowath Quay nicht. Und doch haben wir uns die Zeit hier gut vertrieben. Mit „People Watching“. Am späten Nachmittag, als sich die Hitze langsam legte, herrschte ein reges Treiben! Ein paar Kinder hatten sich ein provisorisches Federballnetz aufgebaut und lieferten sich ein heißes Match. Nebenan schwang eine bunt zusammen gewürfelte Aerobic-Truppe die Hüften zu 90er-Sythie-Pop-Musik. Ein sehr belustigendes Schauspiel! Möchtegern-Models trafen sich zum Fotoshooting und verrenkten sich unter strengen Anweisungen der Fotografen zu zum Teil ziemlich merkwürdigen Posen. Und wir? Wir saßen einfach nur da, beobachteten und amüsierten uns. Herrlich!
Und wie steht es nun um Phnom Penh? Die wuselige Hauptstadt hat es definitiv nicht in unsere Städte-Top-10 geschafft. Sie gehört noch nicht mal zu den Top 20. Trotzdem bereuen wir es keineswegs, ein paar Stunden dort verbracht zu haben. Die eine oder andere interessante Ecke gab es ja letzten Endes dann doch zu entdecken.
Tschüss, Kambodscha. Du hast uns beeindruckt. Wir kommen sicher nochmal wieder!