[Oman] Naturhighlights zwischen Muscat und Sur: Wadi Shab und Bimmah Sinkhole

Oman ist ein Wüstenstaat. Und dennoch gibt es so viel mehr zu sehen als nur Sand. Als wir das Internet nach interessanten Ausflugszielen in der Nähe von Muscat durchforsteten, sind wir immer wieder über einen Begriff gestolpert: Wadi. Was, bitte schön, ist denn ein Wadi? Noch nie zuvor gehört. Also schnell mal Google um Rat gefragt: Wadis sind ausgetrocknete Flusstäler, die nur zeitweise (zum Beispiel nach starken Regenfällen) Wasser führen, dafür aber oft mit einer einzigartigen Landschaft und überraschend viel Grün aufwarten.

In Oman gibt es unglaublich viele dieser Wadis über das ganze Land verteilt, jedes mit einem ganz eigenen Charakter. Wir entschieden uns für Wadi Shab, das von Muscat aus im Rahmen eines Tagesausflugs gut erreichbar ist und prima zu Fuß erkundet werden kann. Bevor wir aufbrachen, warfen wir noch einen kritischen Blick gen Himmel: keine Wolke in Sicht! Auch die Wetter-App sagte für den ganzen Tag strahlenden Sonnenschein voraus. Perfekt! Den Faktor Wetter sollte man nämlich keinesfalls unterschätzen. Immer wieder hatten wir Warnungen gelesen, dass sich die Wadis bei kräftigem Regen innerhalb kurzer Zeit in gefährliche Ströme verwandeln können.  Für heute hatten wir nichts zu befürchten. Also schnappten wir uns unseren Rucksack, packten ausreichend Wasser (das bei der Hitze dann trotzdem irgendwann immer knapp wird) und ein Handtuch ein und fuhren los.

Knappe 160 Kilometer bis zum Ziel. Die Route 17 führte uns Richtung Südosten aus dem Großraum Muscat heraus, auf der asphaltierten Straße kamen wir schnell voran. Gut 75 Prozent des Weges hatten wir bereits hinter uns gebracht, als ein kleiner grüner Punkt auf der Karte unseren Plan kurzzeitig durchkreuzte. Bimmah Sinkhole. Hörte sich interessant an. Spontan bogen wir ab und folgten den Wegweisern ohne die geringste Ahnung, was uns erwarten würde.

Unterirdischer Badespaß im Bimmah Sinkhole

Schon bald erreichten wir einen kleinen Parkplatz vor einem umzäunten Gelände. Hawiyat Najm Park, aha. Mehr als ein paar Bäume und Sträucher konnten wir auf den ersten Blick nicht erkennen. Die vielen Autos allerdings gaben uns Hoffnung, dass noch irgendetwas Spannenderes zu sehen sein musste. Moment mal, wieso war es überhaupt so voll? Ach ja, in den Emiraten war Nationalfeiertag. Hatten wir vergessen. Also mischten wir uns tapfer unter die Menschenmassen. Die meisten unserer Begleiter ließen sich zu unserer Erleichterung erstmal zu einem ausgiebigen Familienpicknick nieder. Wir durchquerten den kleinen Park und standen kurze Zeit später vor einem riesigen Erdloch. Rund 20 Metern unter unseren Füßen glitzerte blaues Wasser in der Sonne, an den schroffen Felswänden waren verschiedene Gesteinsschichten erkennbar. Absolut beeindruckend!

Oman_BimmahSinkhole

Nicht nur beeindruckend, sondern auch perfekt für eine Abkühlung zwischendurch

Über Wikipedia erfuhren wir später, dass die Küstenregion unterhalb des Hajar-Gebirges von zahlreichen Höhlen durchzogen ist, die sich durch Auswaschungen gebildet haben. Das Bimmah Sinkhole ist durch einen Einbruch der oberen Gesteinsschichten entstanden und wird über ein Höhlensystem mit Meerwasser gespeist, welches sich mit dem Grundwasser vermischt.  Gesüßtes Salzwasser sozusagen, das stellenweise bis zu 60 Meter tief ist.

Oman_BimmahSinkholedown

Etwa 20 Meter unter der eigentlichen Erdoberfläche kann man ins kühle Nass steigen

Über eine Treppe kletterten wir ins Sinkhole zu einer Art Felsstrand hinab und tauchten unsere Füße ins kalte Nass. Oh mann, das tat gut. Kurz spielten wir tatsächlich mit dem Gedanken, komplett ins erfrischende Wasser zu hüpfen, Badezeug hatten wir schließlich drunter. Aber wir wollten weiter, Wadi Shab wartete bereits auf uns. Also Treppe wieder hoch und zurück zum Auto.

Wandern, Klettern, Schwimmen – Workout im Wadi Shab

Gut 30 Minuten später waren wir am Ziel. Und die ersten Ernüchterung traf uns wie ein Schlag. Es war voll. Unglaublich voll sogar. So voll, dass wir erstmal gucken mussten, wo wir unser Auto abstellten. Auf den „offiziellen“ Parkplatz hätte nicht einmal mehr ein Fahrrad gepasst. Nachdem wir uns irgendwo am Straßenrand in eine kleine Lücke gequetscht hatten, tauschten wir den fahrbaren Untersatz: Auto gegen Boot. Der Einstieg ins Wadi wird nämlich durch einen kleinen See versperrt. Ohne große Wartezeit schipperten wir auf die andere Uferseite und sprangen an Land. Hoch motiviert starteten wir unsere Wadi-Erkundungstour.

Die ersten paar hundert Meter führten entspannt durch einen schattigen Palmenhain. Hach ja, das war easy. Wir ahnten aber bereits, dass es so nicht weiter gehen würde. Und wir hatten recht. Schon bald spuckte uns der Schatten schonungslos aus: in einen trockenen, staubigen Canyon. Links und rechts ragten schroffe Felswände steil empor, über uns brannte die Sonne. Wow, was für eine Landschaft! Sagenhaft! Wo sind wir hier bloß gelandet? Kaum vorstellbar, wie sich diese gigantische Schlucht bei Regen in einen reißenden Strom verwandeln konnte, aber vielleicht beeinflusste die Hitze auch unsere Vorstellungskraft. Es war unglaublich warm. Tapfer setzten wir unsere Wanderung fort und entdeckten immer wieder interessante Felsformationen und kleine, geheimnisvolle Höhlen. Schon bald erspähten wir Grün. Und tatsächlich: Wasser! Eine Fata Morgana? Keineswegs. Wenige Augenblicke später standen wir vor einem kleinen Pool, gesäumt von einigen Bäumen und Sträuchern. Hübsch anzusehen, aber noch nicht zum Schwimmen geeignet. Wir zogen weiter.

Der Weg wurde zunehmend anspruchsvoller. Wir kletterten über Geröll, balancierten Felsterrassen entlang und wateten durch einen knöcheltiefen Flusslauf. An den schwierigsten Stellen wiesen Pfeile die besten Passagen aus. Ein wenig Geschick war schon gefragt, vor allem aber Konzentration. Dabei fiel es uns wirklich schwer, den Blick auf den Boden zu richten, denn die Schlucht war einfach wunderschön. Also legten wir immer mal wieder kurze Pausen ein, um das Naturpanorama aufzusaugen. Wir waren übrigens froh über unser festes Schuhwerk und zogen imaginär den Hut vor jedem, der uns in FlipFlops entgegen kam.

Nach rund einer Stunde hatten wir unser Tagesziel erreicht. Wir standen vor einer wahren Oase: türkisblaues Wasser, frisch und klar, eingerahmt von weißen Felsen. Das waren sie also, die Pools von Wadi Shab. Oder zumindest einer davon. Als wir uns umschauten, erkannten wir, dass rechts des Pools der Weg weiter am Felsen entlang führte. Vermutlich zu weiteren Pools. War uns egal, wir hatten unser Paradies gefunden. Und eine Abkühlung war bitter nötig. Langsam tasteten wir uns ins Wasser vor. Ganz schön frisch. Aber auch wahnsinnig erfrischend! Nach ein paar Minuten Planscherei kehrten wir zu unseren Sachen ans Ufer zurück und ließen uns in der Sonne trocknen.

Was nun? Doch noch ein Stück weiter laufen oder wieder zurück zum Auto? Wäre schon spannend zu sehen, was hinter diesem Pool noch für Geheimnisse liegen, aber in Anbetracht unseres schwindenden Wasservorrats entschieden wir uns für den Rückweg. Und der machte uns ganz schön zu schaffen. Die Sonne stand senkrecht am Himmel, es gab keinen Quadratzentimeter Schatten. Jeder Schritt brachte uns mehr zum Schwitzen. Wie gern hätten wir uns eingeredet, dass das rettende Auto nur noch eine Biegung von uns entfernt ist, aber wir kannten ja die Strecke und konnten uns nichts vormachen. Immer weiter, einen Fuß vor den anderen. Und dann, irgendwann, erreichten wir endlich das Ufer des kleines Sees, der uns noch von unserer Klimaanlage trennte. Schnell ein Boot klar gemacht und rüber zum anderen Ufer. Wo hatten wir nochmal das Auto abgestellt? Ach ja, ein Stück die Straße hoch. Kurz mal durchgelüftet. Wie sehr haben wir unsere Klimaanlage vermisst!

Oman_WadiShabLandscape

Die Landschaft im Wadi ist wunderschön. Hindurchwandern ist allerdings auch anstrengend.

Da saßen wir nun. Es war früher Nachmittag. Eigentlich noch viel zu früh, um zum Hotel zurück zu fahren. Also zückten wir die Straßenkarte. Wadi Tiwi war ganz in der Nähe. Aber noch eine Wanderung in der brütenden Hitze? Nein, danke! 50 Kilometer bis nach Sur. Hatten wir eh noch auf unserer Liste mit potenziellen Ausflugszielen. Die Entscheidung war gefallen.

Maritime Tradition in Sur erleben

Einst wichtiger Dreh- und Angelpunkt für Omans Handelsbeziehungen ist Sur heute ziemlich verschlafen. Wir kurvten etwas ziellos durch die Straßen, als unser Blick auf ein kleines Fort fiel, das auf seinem Hügel die Dächer der Stadt überragte. Da wollten wir hin. Nur wie? Als wir den Hügel schon fast einmal umrundet hatten, fanden wir endlich die Zufahrtsstraße zur Spitze. Also nichts wie rauf und raus aus dem Auto! Das über 300 Jahre alte, ziemlich kompakte Sunaysilah Fort kann für kleines Geld besichtigt werden. Wesentlich spannender jedoch ist die Aussicht auf die Stadt: weiße Häuser vor strahlend blauem Himmel, im Hintergrund das Arabische Meer und die Ausläufer des Hajar-Gebirges. Wahnsinn! Wir konnten uns gar nicht satt sehen. Die Bänke unweit des Parkplatzes kamen uns da gerade recht.

Anschließend fuhren wir mit dem Auto wieder in die Stadt hinab, parkten in einer Seitenstraße und schlenderten durch die Gassen. Nett, aber nicht besonders malerisch. Wir steuerten die Hafengegend an. Hier befinden sich die letzten Dhauwerften Omans, in denen die traditionellen arabischen Holzschiffe noch instand gesetzt werden. Sehr interessant, dieses Kunsthandwerk aus der Nähe zu betrachten. Eigentlich wollten wir uns auch noch die alten Häuschen im Stadtteil Al Ayjah anschauen, aber irgendwie hatten wir genug. Der Tag war lang und wir überladen von neuen Eindrücken. Also Schluss für heute! Im Licht der untergehenden Sonne fuhren wir wieder zurück nach Muscat.

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