In Irland liegt Magie in der Luft! Überall gibt es verwitterte Ruinen, frühchristliche Monumente, mysteriöse Steinkreise und imposante Grabbauten zu entdecken. Wir glauben nicht an Hokuspokus, aber inmitten der altehrwürdigen Steine haben auch wir manchmal die Zeit um uns herum vergessen und sind in eine andere, fremde Welt abgetaucht.
Monasterboice
Die Anlage von Monasterboice hat uns sofort in ihren Bann gezogen. Das alte Kloster wurde bereits im späten 5. Jahrhundert von einem Schüler des Heiligen Patrick, Irlands Schutzheiligem, gegründet. Lange Zeit war es ein berühmtes christliches Studienzentrum, das so mancher Widrigkeit tapfer standhielt. Bis zum 10 Jahrhundert, in dem ein verheerender Brand viele Monumente zerstörte. Anschließend verlor Monasterboice langsam aber sicher an Bedeutung und wurde schließlich seinem Schicksal überlassen.
Auch wenn die Anlage heute ziemlich verfallen ist, gibt es dennoch einige spannende Details, die einen Besuch absolut lohnenswert machen! Im Zentrum steht ein 30 Meter hoher Rundturm, umgeben von unzähligen Grabplatten. Direkt dahinter: die Ruinen der Süd- und der Nordkirche. Alles schon sehr interessant anzusehen, aber das absolute Highlight sind definitiv die drei riesigen Hochkreuze aus dem 10. Jahrhundert. Hochkreuze (auch Keltenkreuze genannt) sind typischerweise aus Stein und bestehen aus einem Balkenkreuz mit verlängertem Stützbalken, um dessen Schnittpunkt ein Ring liegt. In ihrer ursprünglichen Verwendung haben sie viele Jahrhunderte lang besondere Gebiete oder heiliges Land markiert – daher vielleicht auch dieser Hauch von Mystik, der von ihnen ausgeht. Heute finden sie sich hauptsächlich auf Grabstätten.

Was diese alten Steine wohl schon alles erlebt haben?
Das West Cross von Monasterboice ist über 6 Meter hoch und zählt damit zu den größten Hochkreuzen des Landes. Viele der schmückenden gemeißelten Tafeln sind stark verwittert, die christlichen Darstellungen kaum noch erkennbar. Trotzdem absolut beeindruckend! Das South Cross (Muiredach’s Cross) ist ein Stückchen kleiner und ebenfalls mit biblischen Szenen verziert. Gut erkennbar sind unter anderem der Sündenfall mit Adam und Eva sowie Abel, der seinen Bruder Kain erschlägt. Einfach Wahnsinn, wenn man bedenkt, dass diese filigranen Darstellungen schon vor über 1000 Jahren in den Stein gemeißelt wurden. Das North Cross fällt etwas aus dem Rahmen, denn es ist mit seinem klassischen Wirbelmotiv deutlich schlichter verziert. Immer noch ein Blickfang!
Wir sind bestimmt eine gute Stunde über das Gelände gebummelt und haben uns alles in Ruhe angeschaut. Absolut verwunderlich, dass wir dabei fast allein waren. Nur drei andere Besucher hatten sich noch hierher verirrt. Wir haben die Ruhe natürlich sehr genossen, fanden es aber im Nachhinein betrachtet irgendwie schade, dass so eine interessante Stätte offenbar nur bei wenigen Irland-Reisenden auf dem Programm steht. Wir empfehlen sie uneingeschränkt weiter!
Glendalough
An Glendalough denken wir mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück. Mit einem lachenden, weil die alte Klosteranlage inmitten der Wicklow Mountains einfach unglaublich faszinierend ist. Mit einem weinenden, weil wir die Bekanntheit des Ortes sowie die Nähe zu Dublin unterschätzt haben und uns samstags mittags das sonst wahrscheinlich ziemlich ruhige Tal mit unzähligen Sprachschulklassen teilen mussten. Drei Runden auf dem Parkplatz hat es uns gekostet, bis wir endlich eine freie Lücke ergattert haben. Aber nun gut, den Fehler mit der etwas unüberlegten Besuchszeit müssen wir wohl auf unsere Kappe nehmen. Und trotz des regen Betriebs haben uns die geschichtsträchtigen Ruinen auf den ersten Blick verzaubert.
Ein junger Mönch namens Kevin war es, der sich im frühen 16. Jahrhundert in der Abgeschiedenheit von Glendalough niederließ (angeblich lebte er in einem hohlen Baum) und mit der Zeit eine stattliche Gemeinschaft von Mönchen um sich scharrte. Diese bauten eine richtige Klostersiedlung mit Kathedrale, Kirchen und Bauernhäusern auf, von denen heute die Überreste besichtigt werden können. Viele, viele Jahre lang zählte Glendalough zu den wichtigsten religiösen Stätten Irlands.
Weil wir Banausen das Visitor Centre einfach links liegen ließen (schließlich hatten wir uns im Vorfeld auf der Autofahrt ein wenig über Glendalough belesen und wussten so alles, was wir wissen wollten), sparten wir uns das Eintrittsgeld und gingen lieber gleich auf Entdeckungstour. Schon von Weitem erkannten wir die Spitze des 33 Meter hohen Rundturms, der die ganze Siedlung überragte. Sehr imposant. Wie toll wäre es bitte, wenn jetzt noch etwas Nebel über dem Tal liegen würde? Aber auch die hübsche kleine Steinkirche St. Kevin´s Kitchen konnte sich sehen lassen. Kein Wunder, dass sie zum Hauptobjekt der Begierde zahlreicher Selfiejäger wurde, die mit uns auf dem Gelände unterwegs waren.

Selbst auf dem Weg zum Upper Lake konnten wir die Besuchermassen nicht abhängen.
Unseren Plan, die traumhafte Kulisse des Vale of Glendalough für eine ausgedehnte Wanderung zu nutzen, haben wir schnell wieder verworfen. Bis zum Upper Lake haben wir uns noch vorgewagt in der Hoffnung, die meisten Touristen bis dorthin abgehängt zu haben. Aber bei den Sprachschulkids stand wohl Sport auf dem Programm, denn auch hier tummelten sie sich in Massen. Es wurde einfach nicht ruhiger. Also verzichteten wir schweren Herzens auf St. Kevin´s Bed und St. Kevin´s Cell und kehrten nach einer kurzen Verschnaufpause wieder um.
Brú na Bóinne
Dass Brú na Bóinne ein ganz besonderer Ort ist, haben wir sofort gemerkt. Über 50 neolithische Stätten aus vorchristlicher Zeit gibt es hier im Boyne-Tal zu bestaunen, von Hügelgräbern über Ringforts bis hin zu Steinkreisen. Unglaublich spannend! Große Teile des Tals sind zwar der Öffentlichkeit nicht zugänglich, aber die Hügelgräber von Knowth und Newgrange können im Rahmen einer Führung besichtigt werden. Das haben wir uns natürlich nicht zweimal sagen lassen!
Start unseres Abenteuers war das Besucherzentrum von Brú na Bóinne, das hier definitiv zum Pflichtprogramm gehört. Machte auch absolut Sinn, denn dort konnten wir uns schon mal mit allen wichtigen Infos zur Entstehung, Bedeutung und Bauweise der Gräber versorgen. Und die Wartezeit überbrücken. Denn für die Besichtigung von Knowth und Newgrange wird man in Gruppen eingeteilt, die dann zu einer bestimmten Uhrzeit mit einem Shuttlebus samt Führer(in) zu den Gräbern aufbrechen. Wenn’s voll ist (so wie bei uns), kann es schon mal ein Weilchen dauern, bis es los geht. Aber die Warterei lohnt sich, versprochen!

Die Hügelgräber von Knowth sind wirklich faszinierend.
Knowth erwartete uns mit einer imposanten Sammlung von mit Gras bewachsenen Hügelgräbern, deren seitliche Steinplatten mit gut erkennbaren Kreis- und Schlangenornamenten geschmückt sind. Kaum vorstellbar, wieviele tausend Jahre diese Hügel nun schon überdauert haben! Der Zutritt ins Innere ist grundsätzlich nicht gestattet, aber bei einem der Hügel durften wir immerhin einen kurzen Blick hinein werfen. Anschließend hatten wir ein paar Minuten Zeit, das Gelände von Knowth auf eigene Faust zu erkunden – natürlich stets unter den strengen Blicken unser Führerin. Und dann ging es auch schon weiter zum zweiten Stopp der Tour.
Newgrange ist anders als Knowth nur ein einzelnes Hügelgrab – aber das kann sich sehen lassen! Mit 85 Metern Durchmesser und einer Höhe von 11 Metern ist es nämlich eines der größten Hügelgräber überhaupt. Die Außenmauer wird von knapp 100 massiven Steinblöcken gestützt. Soviel man weiss, war jahrzehntelange Arbeit notwendig, um dieses mächtige Grab zu erschaffen. Ohne Einsatz von Maschinen natürlich, denn das Bauwerk ist über 5.000 Jahre alt. Durch einen 19 Meter langen Gang gelangten wir in eine innenliegende Kammer. Wären wir an den Tagen der Sommersonnenwende hier gewesen, hätten wir sehen können, wie die Strahlen der aufgehenden Sonne durch eine schlitzförmige Öffnung über dem Eingang genau ins Zentrum des Grabes fallen. So standen wir in völliger Dunkelheit, als unserer Führerin kurz ihre Lampe ausschaltete. Ein sehr eigenartiges Gefühl, das uns kurz eine Gänsehaut über den Körper jagte. Wieder zurück im Tageslicht blieb uns noch etwas Zeit, um das Hügelgrab zu umrunden und die Überreste des Steinkreises zu bewundern, der es einst umgab. Dann ging es zurück zum Besucherzentrum. Ein wirklich gelungener Ausflug.