Stellt euch vor, ihr steht morgens auf, tretet vor eure Unterkunft und seht nichts als… Sonne! Sie strahlt euch entgegen von einem perfekten blauen, wolkenlosen Himmel. Eigentlich ein Grund zur Freude, oder? Besonders im Urlaub, wenn jeder Tag mit Kaiserwetter grundsätzlich ein Geschenk ist. Allerdings nicht in Santa Elena! Die kleine Ortschaft ist nämlich vor allem für eins berühmt: ihre mystischen Nebelwälder. Und Nebel verträgt sich bekanntlich besser mit Regen und Feuchtigkeit als mit Sonnenschein und Hitze.

Regenwetter bei der Ankunft. Hier waren wir noch guter Dinge…
Als wir am späten Nachmittag im Ortszentrum ankamen, waren wir noch guter Dinge. Es tröpfelte und ein leichter Wind pfiff durch die schmalen Straßen. Perfekt! Wir checkten schnell in der „Arco Iris Lodge„* ein und machten uns online auf die Suche nach einer geführten Nebelwald-Tour für den nächsten Morgen. Gar nicht so einfach, denn…
Die Qual der Wahl: Monteverde oder Santa Elena? Oder… Curi Cancha?
… Nebelwald ist nicht gleich Nebelwald! Rund um Santa Elena gibt es zig verschiedene Reservate. Das bekannteste und gleichzeitig auch größte unter ihnen ist das „Reserva Biológica Bosque Nuboso Monteverde“. Rund 13 Kilometer Wanderwege warten hier auf die Besucher, welche auch gern in Scharen kommen. Mitunter kann es hier ziemlich voll werden. Ein Stückchen weiter nördlich liegt das „Reserva Santa Elena“, welches zwar als beschaulichere Alternative zu Monteverde gilt, allerdings auch längst kein Geheimtipp mehr ist. Das etwa 10 Kilometer lange Wegenetz erfreut sich immer größerer Beliebtheit und besonders am Wochenende sollte man sich nicht allzu große Hoffnungen auf einsame Spaziergänge entlang nebelverhüllter Pfade machen.
Deswegen hatten wir zunächst auf Empfehlung unserer Rezeptionistin noch ein ganz anderes Ziel ins Auge gefasst: „Curi Cancha“, ein kleines, privates Reservat, dessen Existenz sich bei den Touristenmassen offenbar noch nicht herumgesprochen hat. Neugierig klickten wir uns durch die Website: 9 kurze Trails, wunderschöne Landschaften mit Primär- und Sekundärwäldern, eine unglaubliche Artenvielfalt (Über 200 Vogelarten wurden hier bereits gesichtet!) und ein streng limitierter Besuchereinlass. Perfekt! Ein kurzes Telefonat später folgte allerdings die Ernüchterung: in den wenigen geführten Touren, die überhaupt nur angeboten werden, waren so kurzfristig leider keine Plätze mehr verfügbar. Also gingen wir über zu Plan B und buchten die früheste verfügbare Tour in Santa Elena. Vielleicht – so dachten wir – könnten wir damit zumindest den ganzen Langschläfern zuvorkommen, die sich erst am späten Vormittag aus den Federn schälen und unbedingt noch ein ausgiebiges Frühstück benötigen, bevor sie fit genug sind für eine Erkundungstour.
Und so nahm das Schicksal seinen Lauf. Nach einem gemütlichen Abendessen im nahe gelegenen „Morpho’s“ und einer ziemlich kalten Nacht (in der wir im Laufe der Zeit immer mehr Wolldecken über uns stapelten) sprangen wir euphorisch mit dem ersten Weckerklingeln aus dem Bett – und fanden uns im eingangs beschriebenen Szenario wieder. Zum vermutlich ersten Mal in unserem Leben zogen wir in Anbetracht des strahlenden Sonnenscheins lange Gesichter. Aber die Tour war gebucht und so machten wir uns auf den Weg zum „Reserva Santa Elena“.
Nebelloser Nebelwald: „Reserva Santa Elena“
Dort erlebten wir zunächst eine positive Überraschung: Dank der frühen Stunde war es tatsächlich wunderbar leer. Wir gehörten sogar zur ersten Gruppe, die an diesem Morgen das Reservat betrat. Hoch erfreut stiefelten wir los – und mussten dann allerdings schnell feststellen, dass ein Nebelwald ohne Nebel eben doch nur ein ganz normaler Wald ist. Von Magie keine Spur. Bevor sich die Enttäuschung allzu breit machen konnte, schwenkte unser Guide um zu Plan B: Tiere entdecken (was ohne Nebel ja deutlich einfacher sein sollte). Mit dem Feldstecher im Anschlag durchsuchte er Busch für Busch, Baumkrone für Baumkrone. Aber wir sahen einfach… nichts! Kein einziges Tier zeigte sich im Dickicht – mal abgesehen von ein paar kleinen Vögelchen, für die sich allerdings nur ein einziger Wanderer unserer Gruppe begeistern konnte, der eifrig alle Namen in sein kleines Notizbuch kritzelte. Dafür konnten wir vom höchsten Punkt des Waldes eine umwerfende Fernsicht genießen. Sogar der Arenal-Vulkan zeigte sich klar und deutlich am Horizont. „Wow, you are very lucky!“, versuchte uns unser Guide zu besänftigen, „You only get this view 5 days a year!“ Na klasse, zugunsten von ein bisschen Nebel hätten wir gern auf den Vulkanblick verzichtet…
Nach knapp zwei Stunden saßen wir wieder im Auto. Das war dann wohl ein Satz mit X – und die 28€ pro Person hätten wir deutlich besser investieren können. Aber zum Glück hatten wir noch einen Trumpf in der Tasche. Vor zwei Tagen nämlich hatten wir bereits einen „Night Walk“ für den Abend gebucht – in der Hoffnung auf etwas mehr Action im Dschungel. Immerhin sind 80% der Nebelwaldbewohner nachtaktiv! Weil bis zum Einbruch der Dunkelheit aber noch massig Zeit blieb und wir bis dato etwas ideenlos waren, was die kommenden Stunden betraf, entschieden wir uns zunächst für ein ausgiebige Kuchenpause in „Stella’s Bakery“, die uns unsere Reisebekanntschaften aus Amerika wärmstens empfohlen hatten. Mit vollem Magen plant es sich bekanntermaßen besser!
Im Kuchenhimmel: „Stella’s Bakery“
Auf den ersten Blick wirkt der unauffällige Holzbau mit dem riesigen roten Werbeschild direkt an der Zufahrtsstraße nach Monteverde nicht unbedingt einladend. Nur ein weiteres Restaurant, das um die Gunst der Touristen buhlt. Doch wer so denkt, der irrt gewaltig! Ein Halt bei „Stella’s Bakery“ lohnt sich absolut – nicht nur wegen des ganz vorzüglichen Kuchens. Gleich hinter dem lichtdurchfluteten Gastraum befindet sich eine wunderschöne, gemütliche Terrasse mit einer Futterstelle, die bei den gefiederten Bewohnern der Gegend ziemlich beliebt scheint. Während wir in Ruhe unseren Kaffee genossen und unsere Energiereserven wieder aufgeluden, konnten wir unzählige bunte Vögel beobachten, die sich das süße Obst schmecken ließen. Zu unseren Highlights gehörte neben dem hübschen Emerald Toucanet und dem schillernden Motmot definitiv auch das freche Eichhörnchen, das sich immer wieder blitzschnell zwischen die Vögel drängte, um ebenfalls ein paar Leckerbissen zu ergattern. Wir hätten wirklich stundenlang zusehen können, mahnten uns aber nach einer guten Stunde zum Aufbruch. Denn wir hatten entschieden, „Curi Cancha“ doch noch einen Besuch abzustatten. Ohne Guide, auf eigene Faust. Weniger Erfolg als im „Reserva Santa Elena“ können wir ja schließlich kaum haben.
Auf Entdeckungstour im „Curi Cancha Reserve“
Auf dem Parkplatz des Reservats herrschte gähnende Leere. Offenbar ist „Curi Cancha“ wohl wirklich noch ein kleiner „Nebelwald-Geheimtipp“ – wenn auch an diesem Tag natürlich ebenfalls ohne Nebel. An der Rezeption bestätigte man uns, dass heute tatsächlich kein Führer mehr verfügbar sei (Hätte ja sein können, dass jemand abgesprungen ist!), stattete uns aber dafür mit einer ausführlichen Wanderkarte aus und markierte extra noch die Plätze, an denen die Chancen besonders hoch sind, ein paar Tiere zu entdecken. Toller Service für 12€ pro Person!

Die Landschaft im „Curi Cancha“-Reservat ist einfach traumhaft.
Über „Alondra“-, „Puma“- und „Leo“-Trail streiften wir durch die traumhafte Landschaft und trafen kaum eine Menschenseele. Allein waren wir trotzdem nicht, denn überall um uns herum raschelte es im dichten Geäst. Manchmal hatten wir Glück und die Verursacher der Geräusche zeigten sich. So kreuzten ein Nasenbär, ein Aguti, Motmots, Kolibris und unzählige weitere Vögel unseren Weg, die wir mit unseren begrenzten ornithologischen Kenntnissen gar nicht alle zuordnen konnten. Entlang der Trails standen immer wieder Bänke mit toller Aussicht, an denen wir hin und wieder eine kurze Pause einlegten. Als wir nach knapp 3 Stunden wieder den Parkplatz erreichten, waren wir uns einig: dieser Stopp hat sich definitiv gelohnt – auch ohne Nebel!
Nachts im Dschungel: „Night Walk“ mit „Ficus Trails“
Für unser letztes großes Abenteuer des Tages wurden wir pünktlich um 17.45 Uhr an unserer Unterkunft abgeholt. Als wir ein zweites Mal hielten, um weitere Gäste einzusammeln, wurde unser Nervenkostüm auf die Probe gestellt: zu uns gesellte sich eine Familie mit einem furchtbar lauten, pausenlos quasselnden Kind, das alle Ermahnungen der Eltern, gleich aber bitte leiser zu sein, laut lachend in den Wind schlug. Na das konnte ja heiter werden! Etwas irritiert waren wir auch, als wir plötzlich in den Hinterhof einer Gärtnerei abbogen, den unserer Fahrer uns als Ziel ankündigte. Wo sind wir denn hier gelandet? Nach ein, zwei ratlosen Minuten klärte sich alles auf: die Night Walks werden von der Gärtnerei organisiert, denn sie führen durch den zum Grundstück gehörenden Privatwald. Und zu unserer Freude standen sogar zwei Führer bereit, von denen sich einer ausschließlich um uns beide kümmerte. Wir folgten ihm nach einer kurzen Einweisung mit Leihtaschenlampen bewaffnet in den dunklen Wald. Und schon nach wenigen hundert Metern erlebten wir den ersten Grund zur Freude: im Schein unserer Lampen leuchteten zwei Augen auf! Sie gehörten zu einem Kinkajou (deutsch: Wickelbär, aus der Familie der Kleinbären), das über unseren Köpfen geschickt durch die Baumkronen turnte. Wahnsinn! Und das sollte nicht unsere einzige Sichtung bleiben! Im Laufe unserer Tour entdeckten wir immer wieder Kinkajous – so viele, dass unser Guide schon scherzte, man müsse die Tour wohl in „Kinkajou-Tour“ umbenennen. Uns wär’s recht gewesen, denn wir freuten uns über jede Sichtung wie ein kleines Kind. Aber auch die anderen Waldbewohner wie riesige Spinnen, winzig kleine Frösche und dick aufgeplusterte schlafende Vögel waren interessant anzusehen. Gut eineinhalb Stunden später bestiegen wir glücklich wieder unseren Transport zurück zur Unterkunft und zogen Resümee: Die 20€ pro Person waren in jedem Fall gut investiert!
Extratipp: „Sky Walk“- Hängebrückentour in Monteverde
Monteverde ist ein wahres Paradies für jeden Adrenalin-Junkie! Es gibt unzählige Anbieter von „Zipline“-Touren, bei denen man zum Teil mit über 50 km/h durch die Baumkronen saust. Wir mögen es lieber etwas langsamer und haben uns daher für einen „Sky Walk“ beim Anbieter „SkyTrek“ entschieden, bei dem in einer geführten Tour insgesamt 6 Hängebrücken zu überqueren sind. Für etwa 33 Euro pro Person ist das sicherlich kein Schnäppchen, aber dafür kann man den Nebelwald nochmal aus einer ganz anderen Perspektive bestaunen. Nur Tiere haben wir hier leider keine gesehen.

Für die Hängebrücken-Tour sollte man schwindelfrei sein.
Ihr seht: Die Nebelwald-Region kann auch ohne Nebel spannend sein – man muss nur die richtigen Orte finden!
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Ein Gedanke zu “[Costa Rica] Nebelloser Nebelwald: Zu Besuch in der Region Monteverde”