[Irland] Von Sligo nach Clifden: 216 Kilometer Panorama zum Verlieben

Wenn die Iren eins richtig gut können, dann ist das Panoramastraßen bauen. Ganz egal, ob man sich vom berühmten Wild Atlantic Way leiten lässt oder kleinen Seitensträßchen folgt, die links und rechts von Schafsweiden gesäumt sind – Irland ist das perfekte Land für entspannte Roadtrips in atemberaubender Landschaft. Das für uns schönste Stück Asphalt haben wir zwischen Sligo und Clifden gefunden. 216 Kilometer, vorbei an grünen Feldern, sanften Hügeln, urigen Häuschen und unzähligen wolligen Inselbewohnern. Hinter den vielen Kurven überraschte uns nicht selten ein glitzernder See oder ein plätschernder Wasserfall. Und das Beste: freie Sicht statt endloser Blechlawinen! Nur wenige Male krochen wir Stoßstange an Stoßstange hinter sperrigen Wohnmobilen den Berg hoch. Keine Autoschlangen, keine Besuchermassen – Reisen ganz nach unserem Geschmack. Klingt gut, oder? Doch bevor ihr gleich ins Auto springt und losdüst, nehmt euch unbedingt ein bisschen Zeit, um Sligo zu erkunden.

Stadtbummel durch Sligo

Das kleine, etwas verschlafene Nest hat sich vor allem durch seine Verbindung zu den bekannten Yeats-Brüdern einen Namen gemacht, denn William Butler (irischer Dichter) und Jack (irischer Maler) haben hier regelmäßig ihre Sommerferien verbracht. Zu ihren Ehren wurden in der Stadt mehrere Gedenkstätten und Skulpturen errichtet. Ansonsten gibt es viele schöne Geschäfte (z.B. Mr Simms Olde Sweet Shoppe), die einen Streifzug durch die Straßen lohnenswert machen. Entlang des Garavogue Rivers finden sich außerdem verschiedene Restaurants, die zum Verweilen einladen. Was uns besonders gut gefallen hat: Sligo hat sich an vielen Stellen etwas von dem Charme vergangener Tage behalten.

 

Wenn ihr über Nacht bleiben wollt, ist das Riverside Hotel eine gute Wahl. Es bietet helle, komfortable Zimmer und ein großzügiges Frühstücksbuffet in perfekter Lage. Natürlich kann man nicht die Herzlichkeit und Wärme erwarten, die man aus vielen BnBs gewohnt ist. Wer darauf großen Wert legt, sollte bei seiner Reise aber am besten grundsätzlich auf Hotels verzichten. Wir waren zufrieden.

Jetzt aber hopp ins Auto, denn 216 Kilometer sind definitiv kein Pappenstiel. Wem es davor graut, so viel Zeit an einem Tag im Auto zu verbringen, der kann übrigens noch eine Übernachtung in Westport dazwischen schieben.

Sligo bis Westport (116 Kilometer)

Okay, wir geben es zu: der erste Teil der Strecke ist landschaftlich nicht ganz so spektakulär wie der zweite. Nach einem kurzen Stück auf der N4 bogen wir hinter Collooney rechts auf die N17 Richtung Charlestown ab, wo wir dann wiederum auf die N5 Richtung Westport wechselten. Bisher brausten vornehmlich weite Felder und grüne Hügel an unserem Fenster vorbei. Ab Castlebar wurde es dann langsam richtig interessant. Die Natur wurde zunehmend rauer, die ersten Loughs begleiteten unseren Weg. Wir näherten uns Clew Bay mit seinen über 300 Inseln.

Mayo_Mountains

Sanfte Hügel prägen die Landschaft im County Mayo.

In Westport angekommen entschieden wir uns spontan für einen Abstecher nach Newport, um der Burrishoole Abbey und dem Rockfleet Castle einen Besuch abzustatten. Das Kloster aus dem 15. Jahrhundert (bzw. dessen Überrest) thront majestätisch auf einem kleinen Hügel direkt am Burrishoole Channel, der die nahe gelegenen Seen mit dem Meer verbindet. Der angeschlossene Friedhof wird heute noch genutzt und hält einige hübsche Hochkreuze bereit. Nur 4 Kilometer weiter westlich liegt das Rockfleet Castle, welches auf den ersten Blick wenig mit dem gemein hat, was man sich normalerweise unter einem „Castle“ vorstellt. Das 18 Meter hohe Turmhaus aus dem 16. Jahrhundert besteht aus vier glatten Steinmauern, die oberhalb von vier Stockwerken zu einem steinernen Spitzdach zusammen laufen. Das war´s, kein weiterer Schnickschnack. Theoretisch soll in den Sommermonaten laut Internet sogar eine Besichtigung des Inneren möglich sein, wir standen allerdings vor fest verschlossenen Türen. Also haben wir uns damit begnügt, hinter dem Turm die tolle Aussicht auf die Bucht zu genießen.

Netter Zwischenstopp: Westport House and Country Park

Wieder zurück in Westport steuerten wir gezielt das Westport House an. Unser primäres Interesse galt allerdings gar nicht so sehr dem georgianischen Landhaus aus dem 18. Jahrhundert, sondern vielmehr der weitläufigen Parkanlage, die wir für einen ausgedehnten Spaziergang nutzen wollten. Deswegen haben wir uns auch nur ein „Grounds only“-Ticket gekauft. Als wir nach Beendigung des Riverside Walks dann vor dem imposanten Gebäude standen, überlegten wir kurz, ob es vielleicht doch ein Fehler gewesen ist, auf die Hausbesichtigung zu verzichten. Aber irgendwie hatten wir im Gefühl, dass wir für die Weiterfahrt nach Clifden etwas mehr Zeit einplanen sollten (für mehr Zwischenstopps, versteht sich). Also kehrten wir dem Westport House den Rücken und schlenderten zum Auto zurück. Weiter ging´s!

Westport bis Clifden (100 Kilometer)

Wenn wir an diese 100 Kilometer zurück denken, bekommen wir schon wieder schwitzige Hände. Die Landschaft ist wild, wunderschön, einfach unglaublich! Wer jetzt denkt: „100 Kilometer, das schaff ich doch locker in zwei Stunden!“, dem können wir nur eins sagen: Klar schafft man das – dann hat man aber den Sinn eines Roadtrips nicht verstanden. Der Weg ist das Ziel! Statt in Westport direkt auf die N59 zu fahren, sind wir dem Wild Atlantic Way (R335) Richtung Louisburgh gefolgt. Die Straße führte uns durch spektakuläre Gebirgszüge mit einmaliger Aussicht auf den Croagh Patrick, Irlands heiligen Berg. Hinter Louisburgh tauchten wir ein ins malerische Doolough Valley, das uns mit zwei idyllischen Seen überraschte, an deren Ostseite wir uns gemächlich entlang schlängelten. Und gerade als wir dachten, dass es schöner kaum noch werden könne, erreichten wir den Killary Harbour. Irlands einziger Fjord erstreckt sich über 16 Kilometer ins Landesinnere. Geschützt von grünen Berghängen plätscherten sanfte Wellen ans Ufer und brachten die kleinen Fischerboote zum Schaukeln. Die leuchtend pinken Blumen hier und dort komplettierten den Gesamteindruck: dieser Ort ist ein Paradies! Am östlichen Ende, dort, wo der Erriff River in den Fjord mündet, befindet sich der Aasleagh Wasserfall. Den solltet ihr euch unbedingt genauer anschauen! Drei Meter Fallhöhe klingt nicht gerade beeindruckend, aber die atemberaubende Kulisse macht alles wieder wett. Und weil Worte diesem hübschen Fleckchen Erde gar nicht gerecht werden können, lassen wir einfach die Bilder sprechen:

Für den weiteren Weg nach Clifden haben wir uns erneut am Wild Atlantic Way orientiert und die N59 bereits nach einem kurzen Stück wieder gen Westen verlassen, um der Connemara Loop zu folgen. Eine goldrichtige Entscheidung! Wir durchfuhren endlose Heidelandschaften und winzige Dörfchen, passierten einsame Loughs und imposante Berggipfel. Dabei war höchste Konzentration angesagt, denn auf den Straßen in Connemara geben die Schafe den Ton an. Und die kennen keine Verkehrsregeln. Brav am Straßenrand warten, bis das Auto vorbei ist? Denkste! Aber während die Einheimischen vermutlich genervt die Augen verdrehten, freuten wir uns insgeheim über jeden wolligen Gefährten, der unseren Weg kreuzte.

Bei Letterfrack bogen wir wieder auf die N59 ab, der wir bis Clifden hätten folgen können. Aber die Sky Loop war einfach zu verlockend. Die Upper Sky Road führte uns zu einem fantastischen Aussichtsplatz hoch über den Klippen. Tief unter uns toste der Atlantik. Wäre es nicht so windig gewesen, hätten wir bestimmt eine ganze Weile dort gesessen und den Ausblick genossen. So setzten wir unsere Fahrt fort, bis wir nach etwa 3 Kilometern die Abzweigung der Lower Sky Road erreichten. Perfekt, genau hier wollten wir hin, denn wir hatten uns für eine Nacht im Seafield House einquartiert.

Übernachtungtipp: Seafield House Clifden

Super ruhig gelegen hat uns das Seafield House sofort mit einem hellen, gemütlichen Zimmer und einer freundlichen Gastgeberfamilie überzeugt. Aber das beste kommt jetzt: hinter dem Haus führte ein kleiner Feldweg über grüne Wiesen direkt bis an die atemberaubenden Klippen der Clifden Bay. Dort hat es uns so gut gefallen, dass wir unseren Plan von einem Stadtbummel durch Clifden spontan verworfen haben und lieber ein bisschen in dieser tollen Natur spazieren gegangen sind. Na gut, anschließend sind wir dann doch noch kurz nach Clifden gefahren – aber nur für ein schnelles Abendessen. Dann war er auch schon vorbei, dieser wunderbare Tag, der uns noch lange in Erinnerung bleiben wird!

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